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Breathe My Air Gerald Nestler und Sylvia Eckermann INTRO Breathe My Air geht von zwei ephemeren, unsichtbaren, gleichzeitig grundlegenden Elementen aus: Luft und Gedanken. Ein temporärer Pavillon wird im urban-öffentlichen Raum Pekings errichtet und mit reiner, sauerstoffangereicherter Luft gefüllt. Dieser transparente, zur Stadtlandschaft hin geöffnete Ort ist im Inneren einem "paradoxen Gespräch" gewidmet, das Ideen und Gedanken zu einer konkreten und aktuellen Thematik in einen Austausch bringt. DIE GETAUSCHTEN GEDANKEN Breathe My Air thematisiert konkrete Vorstellungen, Ideen und Gedanken zu den Begriffen Fortschritt, Veränderung und Utopie, die das heutige Leben mitbestimmen. Video-Aufnahmen von Gesprächen mit in Österreich und China wirkenden Künstlern, Kuratoren, Philosophen, Theoretikern sowie anderen Kunst- und Kulturschaffenden werden zu einem paradoxen Gespräch in Form einer audio-visuellen Installation montiert. Die Proponenten aus Kunst, Philosophie und Kultur begegnen sich, diskutieren Geschichte, Zeit und Vorstellungen beider Kulturen, ohne sich jedoch physisch zu treffen. Ihre Beiträge werden von uns geschnitten und als zusammenhängende künstlerische Arbeit präsentiert. Fortschritt, Veränderung und Utopie – die zentralen Begriffe unserer Untersuchung – werden auf ihre vergangenen aber auch möglichen zukünftigen Potentiale in beiden Kultursphären hin hinterfragt und auf ihre uns allen gemeinsame, aktuelle Praxis hin erforscht. Interpretationen sind Teil soziokultureller Bedingungen. Je mehr wir diese miteinander teilen und je mehr wir unsere Umwelt – physisch als auch mental – heute als eine gemeinsame, globale betrachten, desto bedeutender ist dieser Tausch, desto umfassender und vielgestaltiger kann er sich entwickeln. DIE GESPRÄCHSPARTNER
DIE GEBORGTE AUSSICHT Als urbaner physischer Ort für diesen Austausch dient die Idee des chinesischen Pavillons. Seine Entstehungsgeschichte reicht bis in die alte chinesische Philosophie und Kunst zurück: Gelehrte erlebten die bewunderte Landschaft durch Gedichte, die sie ihr einschrieben. Der Blick auf diese sich über Jahrhunderte entwickelnden "Kunstlandschaften" wurde durch architektonische Gebilde, wie eben dem Pavillon, zusätzlich betont. Die Methode des "Jie Jing", was so viel wie "sich die Aussicht borgen" bedeutet, diente einer Integration entfernter Sichtpunkte in die Komposition des Blicks. Der Begriff ist gleichzeitig das Wort für "Pavillon". Dazu zählten etwa ein Fluss, das Meer, Bäume oder Gebäude, wobei ein Berg in der Ferne die am häufigsten geborgte Aussicht darstellte. Dieses Konzept scheint uns gerade für einen heutigen, artifiziellen Zugang zum Begriff der Natur in vielfältiger Weise – gerade auch unter der weiterhin paradigmatischen Begriffshoheit von Fortschritt, Veränderung und Utopie in globalem Ausmaß – bedenkens- und belebenswert. Wir borgen uns in Breathe My Air die Aussicht auf das urbane Umfeld, das unsere heutige Stadtlandschaft bildet, wo Gedichte einer konsumorientierten Gesellschaft in den Blick eines Jeden eingeschrieben werden. Die geborgte Aussicht richtet sich jedoch nur scheinbar nach Außen. Wir drehen die Richtung um, vom realen Feld ökonomisch-politischer Bewirtschaftung des öffentlich bzw. privaten Raums hinein in Atmosphäre der Kontemplation im Pavillon: Wir borgen uns die vitale philosophische Präsenz des – in unterschiedlichsten Bedeutungen – entfernten "Berges" und integrieren sie in die künstlerische Komposition. Der alte chinesische Begriff des Pavillons wird hier mit einem Konzept der westlichen Moderne verschmolzen, dem "White Cube" – und später der "Black Box" als der Erweiterung für bewegte Bilder – als spezifischen Ort der Präsentation von Kunst, indem wir ein weiteres Raumkonstrukt adaptieren – die "Green Box" (auch als Blue Box bekannt). Wir laden ein, Luft einer 'utopischen Zusammensetzung' buchstäblich einatmend, in einen Gedankenaustausch über aktuelle Utopien zu treten und daraus Positionen und Handlungsweisen für eine neue Form von "Scenery", von Aussicht zu entwickeln. Obwohl wir den Raum luftdicht verschließen, um die Erhaltung der speziell erzeugten Luftqualität zu gewährleisten, öffnen wir gleichzeitig ein Potenzial emotioneller und intellektueller Auseinandersetzung mit unserer Existenz in einer globalen Umwelt. DIE DRITTE HAUT Mit der Konstruktion dieser "Dritten Haut" beabsichtigen wir den Aufbau eines Gesprächs einer Vielzahl (Multitude) individueller Stimmen, um ein Vokabular, eine Methode zu entwickeln, die eine Verbindung zwischen all diesen scheinbar unsichtbaren aber lebensnotwendigen Aspekten unserer Kultur- und Umweltökonomien schafft. Es geht uns um das Bewusstsein, unsere Umwelt als eine gemeinsame zu verstehen und dafür Verantwortung zu entwickeln. Der Tausch als alternativ e"Währung" soziokultureller Informations- und Warenflüsse ist eine Methode persönlicher Kommunikation und kultureller Anreicherung, die nicht standardisiert ist (im Gegensatz zu Geld) und die gegenseitig ist (im Gegensatz zum Geschenk). Gerade in einer zunehmend globalen Welt ermöglicht dies eine direkte, fließende, nicht-ausschließende und partizipative Kommunikation, die in Breathe My Air als "unsichtbare Skulptur", als Hommage an weiter gefasste Formen von Wahrnehmung, realisiert wird. Als Kunstprojekt kann Breathy My Air weder die Lebensqualität beispielsweise Pekings verändern, noch die unsere reale Zukunft formenden Politik- und Ökonomiezusammenhänge und ihre standardisierten Verträge beeinflussen. Es kann aber den Sinn für die zentrale Bedeutung unseres Engagements, unserer Mitwirkung, unseres Denkens, unseres Handelns und vor allem des Austauschs auf allen möglichen 'Kanälen' direkt erlebbar machen.
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Credits: |
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Ein Projekt von: Kurator: Produzentinnen: Übersetzungen: Untertitel: Project Launch hosted by: |
Sylvia Eckermann und Gerald Nestler Li Zhenhua, www.bjartlab.com CHART Contemporary, Megan und KC Connolly Xu Pinxiu Guan Shengsheng CPU:798, Edward Sanderson |
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Das Projekt wird gefördert von: Österreichisches Kulturforum Peking
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